Textilarbeit Bericht
Textilrestaurierung - Bericht
Textiles Herzogswappen wurde restauriert
Bericht für die Schriftenreihe „Lauenburgische Heimat“
Die Bezirksgruppe Lauenburg/Elbe gibt wie einige andere jedes Jahr einen Heimatkalender mit historischen Fotos bzw. Ansichtskarten heraus. Jahr für Jahr werden hiervon rund 200 Exemplare verkauft. Da für die Arbeiten der Bildauswahl und -bearbeitung, Layout und Satz keine Lohn-, sondern nur Druckkosten anfallen, wird Jahr für Jahr ein Überschuss erwirtschaftet. Mit den Kalendern für 2021 bis 2023 sind insgesamt 2.000 Euro zusammengeflossen. Diese sollen der Allgemeinheit zu Gute kommen.
Die wichtigste kulturelle Einrichtung in Lauenburg ist das Elbschifffahrtsmuseum (siehe Links). Dem Leiter, Herrn Dr. Jörn Bohlmann, wurde vom Verein die (Mit-)Finanzierung einer Maßnahme angeboten, die nicht laufende Kosten decken noch anderweitig Pflichtaufgaben des Trägers ersetzen sollte. Dr. Bohlmann fiel ein gerahmtes textiles Wappen im Magistratssaal des als Rathaus dienenden Lauenburger Schlosses ein.
Bild: Lauenburg, Schloss, Magistratssaal, Manfred Maronde, Dr. Björn Bohlmann (Foto: Jenny Kock, Raiffeisenbank eG Lauenburg)
Der letzte Herzog aus dem Geschlecht der Askanier, Julius Franz, starb bekanntlich am 29. September 1689 und hinterließ zwei Töchter, aber keinen erbberechtigten Sohn. Seine Regierung übte er weit überwiegend von seinem prächtigen Magnatenschloss im böhmischen Schlackenwerth aus. Um den trauernden Untertanen einen Anlaufpunkt zu bieten, wurde dort ein sog. „Castrum doloris“ (lateinisch für Trauerburg) aufgestellt. So bezeichnet man in der Renaissance und im Barock eine bei Prominenten zum Schutz und zur Begleitung ihres Katafalks in Kirchen oder an anderen würdigen Orten temporär errichtete Trauerkapelle. Das wesentlichste Merkmal eines Castrum doloris war das Schmuckgerüst, das einen kunstvoll gearbeiteten Baldachin zur Überdachung des Totenbetts trug. Es war mit dem Wappen des Verstorbenen, seinen Herrschaftsinsignien, Kerzen, Trauerblumen, einem Epitaph sowie allegorischen Statuen und Wachsbildern dekoriert.
Julius Franz hatte im Testament bestimmt, sein Leichnam solle ohne Verzögerung und „übriges“ Gepränge, jedoch seinem fürstlichen Stande gemäß bei seinen Eltern und seiner Gemahlin, in der dazu vor der Residenzstadt Schlackenwerth erbauten Kapelle beigesetzt werden. Den Leichnam des Herzogs fand man schon am 7. Oktober „im Sarge verwahrt“; der Tote war wohl in den Kapuzinerhabit gehüllt, den er sich auf seinem Sterbelager als Totenkleid gewünscht. Um die Beisetzung des Toten feierlich zu gestalten, wurde ein gewisser Joh. Jakob Reinfels mit der Anfertigung eines Castrum doloris beauftragt. Aber es währte noch fast ein Jahr lang, ehe die Trauerfeier stattfand.
Das Wappen war also nicht Teil eines Leichentuchs, wie ein Schild unter dem Rahmen ausweist. Eines dieser Textile wurde kürzlich sogar im Internet feil geboten. Ein anderes hat der Verein zur Förderung des Elbschifffahrtsmuseums aus der Sammlung des Lauenburger Postmeisters Johannes Friese (1839 – 1916) übernommen. Wo und wie Friese dieses Textil erworben hat, ist ungeklärt. Dessen Sammlung zahlreicher unter anderem archäologischer Exponate bildete die Grundlage des Lauenburger Heimatmuseums in der Elbstraße 59 – dem heutigen Elbschifffahrtsmuseum – im Jahre 1927. Später wurde es in einem verglasten Rahmen mit 74,5 cm Höhe und 53,5 cm Breite im Magistratssaal aufgehängt, wo auch diverse Porträts askanischer Herzöge versammelt sind.
Die fachliche Begutachtung und Expertise der Textilrestauratorin Ada Hinkel aus Hamburg im Sommer 2023 legte einige notwendige konservatorische Maßnahmen dar, um den Erhalt des Exponates dauerhaft sichern zu können. Frau Hinkel erstellte ein abgestuftes Angebot in vier Varianten, deren weitestgehende etwas über viertausend Euro ausmachte. In einem Umlaufbeschluss hat der Bezirksvorstand einen Zuschuss von zweitausend Euro bewilligt. Das Geld wurde an den Verein zur Förderung des Elbschifffahrtsmuseums e.V. (siehe Links) überwiesen, der hierfür eine Zuwendungsbescheinigung ausstellte. Der Restbetrag wurde von der Raiffeisenbank eG Lauenburg/Elbe aus dem Zweckertrag des Gewinnsparens bereit gestellt. Somit haben einerseits die Käufer der Heimatkalender und andererseits die Sparer der Raiffeisenbank die Maßnahme finanziert.
Am 19. Dezember 2023 versammelten sich Redakteure der örtlichen Presse, Dezernentin Friederike Betge, Museumsleiter Dr. Bohlmann, Jenny Kock von der Raiffeisenbank und Manfred Maronde vom Geschichtsverein im Magistratssaal. Von den im Laufe der Jahrhunderte eingetretenen Schäden konnten sich alle vor Ort überzeugen, ebenso von der Notwendigkeit einer Restaurierung.
Die Stickerei ist in mehreren Schichten auf Leinengewebe angebracht. Neben Seide sind auch Metallfäden verarbeitet worden. Besonders die Lichteinflüsse haben dem Werk mächtig geschadet. Ada Hinkel hat im Laufe vieler Jahre Erfahrungen mit der Restaurierung und Konservierung von historischen Textilien gesammelt und kann sich nicht nur in die Zeit der Entstehung versetzen, sondern auch Vorgehen und Technik erkennen, die die Künstler damals angewendet haben. Das Textil wurde zunächst gereinigt. Dann wurden die überstehenden Seidenfragmente fixiert sowie fehlende ergänzt. Dazu werden teils unter dem Mikroskop feine chirurgische Instrumente benutzt. Anschließend wurde die Trägerplatte erneuert und ein vor UV-Strahlen schützendes Glas vorgelegt.
Das Werk ist ein Schmuckelement für ein Castrum doloris in Stickerei-Technik. Es ist ein Objekt mit symmetrisch bogiger Kante, die bestimmt wird durch die Darstellung. Im zentralen Oval liegt ein Wappen mit Zierrat, oberhalb steht die Datierung 1689, darüber der Schriftzug SPESMEA IN DOMINO (in Hoffnung auf den Herrn), umgeben von volutenförmigen Stickerei-Elementen, oben links und rechts Gesichter im Profil. Unterhalb des Wappens liegt die Buchstabenfolge V-G-G-I-F-H-Z-S-E-V-W-R-K-M-G-F-M-V-O-U-E-R-C Den-30-Sept (von Gottes Gnaden Julius Franz Herzog zu Sachsen Engern und Westfalen, Ratzeburg, Kaiserlicher Maximus, General Feld Marschall und Ober über ein Regiment Cürassiere, den 30. Sept. 1689).
Am 22. Februar waren die Arbeiten fertig und das Textilwappen wurde temporär im Elbschifffahrtsmuseum gezeigt, bevor es an seinen angestammten Platz im Magistratssaal zurückkehrte.