Textilarbeit Presse
Textilrestaurierung - Presse
Ein nur selten beachtetes Stück Geschichte aus Stoff
Gesticktes Wappen von Herzog Julius Franz wird restauriert
LAUENBURG. Im historischen Magistratssaal des Lauenburger Schlosses, wo unter anderem standesamtliche Trauungen abgehalten werden, „hängt seit langem - und wenig beachtet - ein wertvolles, seltenes textiles Exponat“, so Dr. Jörn Bohlmann als Leiter des Elbschifffahrtsmuseums in Lauenburg. Dabei handelt es sich um ein gesticktes Wappen von Herzog Julius Franz, dem letzten Herzog von Sachsen-Lauenburg aus dem Hause der Askanier. Es war Teil eines „Castrum doloris“ und damit einer temporären durchaus imposanten Trauerkapelle, die bei Prominenten in der Renaissance oder im Barock unter anderem zum Schutz des aufgebahrten Prominenten errichtet wurden.
Julius Franz war am 30. September 1689 verstorben. Zuvor hatten ihn plötzlich auftretende Herzbeschwerden befallen. Gerüchteweise könnte er aus Eifersucht von seiner Geliebten vergiftet worden sein, da er sich auf den Weg zu einer potenziellen Ehefrau aufmachen wollte, wie Franz Hitzler erklärt. Standesgemäß zur Ruhe gebettet wurde er allerdings wohl erst im September 1690. Zuvor war eben jenes Castrum doloris in Auftrag gegeben worden.
Wie das gestickte Wappen dann aber in die Sammlung des Postmeisters Johannes Friese kam, kann derzeit noch nicht genau nachverfolgt werden. Johannes Friese hatte zu Lebzeiten allerhand verschiedene Dokumente und Exponate gesammelt und so der Nachwelt einen reichhaltigen Schatz hinterlassen und den Grundstein für das heutige Elbschifffahrtsmuseum gelegt. Dieser war 1917 von der Stadt erworben worden und sollte, erklärt Hitzler, zusammengehalten werden. Dass Exponate etwa im Schloss und nicht im Museum ausgestellt wurden, sei dabei massiv kritisiert worden. Eines dieser ausgelagerten Stücke scheint wohl eben auch das Wappen gewesen zu sein. Dass hier dann auch der Zahn der Zeit kräftig am Nagen ist, dürfte nur klar sein.
Wie weit es fortgeschritten und was zu tun ist, darüber machte sich kürzlich eine Textilrestauratorin ein detaillierteres Bild. Sie wird sich nun zügig daran machen, das Wappen zu restaurieren. Unter anderem wird sie auch lose Seidenfäden fixieren. Zudem soll der Abstand zwischen Wappen und Glasscheibe vergrößert werden. Aktuell liege das Wappen direkt auf, was sogar zu blinden Flecken am Glas geführt habe, wussten Dr. Bohlmann und Hitzler zu berichten. Zudem wird zukünftig Museumsglas eingesetzt, was das Objekt zusätzlich schützen soll.
Bild: Lauenburg, Schloss, Magistratssaal, Jenny Kock (RaiBa), Manfred Maronde, Dr. Björn Bohlmann (Foto: Benedikt Dahlem)
Allerdings sind solche Arbeiten kaum aus dem Stadthaushalt zu finanzieren, wie auch Friederike Betge seitens der Stadt feststellte. Umso mehr freute sie sich nicht nur über das Engagement der Beteiligten, die die Geschichte der Stadt lebendig halten, sondern auch über die finanzielle Unterstützung seitens des Heimatbund und Geschichtsvereins sowie der Raiffeisenbank.
2.000 Euro gibt der Heimatbund und Geschichtsverein Lauenburg dazu. Geld, das durch den Verkauf der alljährlichen Kalender mit historischen Bildern zusammengekommen sei, wie der 1. Vorsitzende Manfred Maronde erklärt. Maronde erinnerte noch einmal an die vielfältigen Projekte seines Vereins sowie die zahlreichen Heimatforscher:innen, die auch in der Vergangenheit wichtige Veröffentlichungen zur Geschichte der Stadt getätigt hatten. Auf diese könne man sich dann stützen. Etwa auch im vorliegenden Fall.
Begeistert von dem geschichtsträchtigen Exponat zeigte sich übrigens auch Jenny Kock seitens der Raiffeisenbank. Diese gibt 2.431,24 Euro dazu und unterstützt so den Verein zur Förderung des Lauenburger Elbschifffahrtsmuseums. Das Geld stammt aus dem alljährlichen VR-GewinnSparen. Mit dieser Maßnahme könnte allerdings erst der Startschuss einer langen Reihe von Restaurierung gelegt worden sein. „Wir haben unglaublich viele Stücke, die restauriert werden müssten“, resümiert Dr. Bohlmann abschließend. bda
WOCHENEND ANZEIGER, Sonnabend, 23. Dezember 2023
Auf Tuchfühlung mit dem letzten Herzog von Lauenburg
An dem Wappen aus der Sargdecke des Herrschers hat der Zahn der Zeit genagt. Eine Hamburger Restauratorin übernimmt die Rettung
LAUENBURG. Wenn es Wichtiges zu besprechen gibt, oder sich Brautpaare das Jawort geben – im Magistratssaal des Schlosses sind auf die Anwesenden stets die strengen Augen früherer Lauenburger Herrscher gerichtet. Die historischen Bildnisse der Herzöge haben schon so mancher Zeremonie im Schloss einen würdigen Rahmen gegeben.
Fast unscheinbar nimmt sich dagegen eine textile Arbeit aus, die unter Glas neben den prunkvollen Gemälden hängt. Dabei handelt es sich um einen ganz besonderen Schatz: Das Wappen ist mindestens 334 Jahre alt und Teil der Sargdecke von Herzog Julius Franz, dem letzten aus dem Askaniergeschlecht. Doch an dem Webstück hat der Zahn der Zeit genagt. Eine Restaurierung soll das Zeitdokument retten und für die Nachwelt bewahren.
Manfred Maronde, Jenny Kock und Dr. Jörn Bohlmann (v.l.) mit dem Wappen aus der Sargdecke des letzten Herzogs von Lauenburg, Julius Franz.
Beisetzung dem fürstlichen Range entsprechend
48 Jahre alt war Julius Franz, als er auf dem Sterbebett lag. Er soll sich am 28. September 1689 bei guter Verfassung zu Bett begeben haben. Gegen 2 Uhr nachts hätten sich – Überlieferungen zufolge – Herzprobleme eingestellt, die schließlich zu einem „sanften Tod“ führten. Mit Julius Franz war der letzte männliche Spross der Sachsen-Lauenburgischen Linie des askanischen Hauses gestorben. Beigesetzt wurde der Verstorbene in Schlackenwerth, der Residenzstadt der herzoglichen Familie.
In seinem Testament hatte der Herzog verfügt, seine Beisetzung dem fürstlichen Stande entsprechend auszurichten. Dazu wurde ein sogenanntes Castrum doloris (Trauergerüst) gefertigt, das durch einen textilen Baldachin mit dem Herzogswappen ausgestattet wurde.
„Wir wissen bisher nicht, wie Johannes Friese in den Besitz der Grabdecke gekommen ist“, sagt Dr. Jörn Bohlmann, Leiter des Lauenburger Elbschifffahrtsmuseums. Bekannt ist aber: Ende des 19. Jahrhunderts interessierte sich der umtriebige Postmeister für alles, was mit der Geschichte Lauenburgs zu tun hatte. Er häufte Gegenstände und Dokumente aus allen Epochen an, unter anderem auch Gegenstände aus der Hinterlassenschaft des Herzogsgeschlechts der Askanier.
In bestem Zustand ist der Teil der Sargdecke allerdings nicht. Bohlmann zog die Hamburger Textilrestauratorin Ada Hinkel zurate, die die Seidenweberei gründlich unter die Lupe nahm, schließlich feststellte, das Stück sei zu retten. Beim Heimatbund und Geschichtsverein rannte der Museumschef offene Türen ein. Jahr für Jahr verkauft der Verein Kalender mit historischen Aufnahmen aus Lauenburg. Aus dem Überschuss fließen jetzt 2000 Euro in die Restaurierung der Sargdecke. Etwa die gleiche Summe legt die Lauenburger Raiffeisenbank als Spende für die Restaurierung obendrauf.
„Jedes Objekt ist ein Patient, den es zu heilen gilt“
Ada Hinkel hat sich den Schatz im Lauenburger Magistratssaal genau angeschaut. „Die Stickerei ist in mehreren Schichten auf Leinengewebe erfolgt. Neben Seide sind auch Metallfäden verarbeitet worden“, sagt sie. Besonders die Lichteinflüsse hätten der Textilarbeit mächtig geschadet. Solche historischen Kunstwerke wieder auf Vordermann zu bringen, sei eine Sisyphusarbeit. Allerdings hat die 62-Jährige im Laufe der Jahre viele Erfahrungen bei der Restaurierung und Konservierung von historischen Textilien gesammelt. „Man muss sich nicht nur in die Zeit der Entstehung versetzen, sondern auch Vorgehen und die Technik, die die Künstler damals angewendet haben“, erzählt sie.
Die Sargdecke des Herzogs wird zunächst gereinigt. Dann werden die überstehenden Seidenfragmente fixiert sowie fehlende ergänzt. „Ich benutze dazu feine, chirurgische Instrumente. Die meisten Arbeitsschritte kann ich nur unter dem Mikroskop vornehmen“, erklärt die Restauratorin. Später wird sie die Trägerplatte des Wappens erneuern und ein vor UV-Strahlen schützendes Glas vorgelegen. Wie lange Ada Hinkel an der Restauration des Schatzes arbeiten wird, könne sie noch nicht sagen. „Jedes Objekt ist wie ein Patient, den es zu heilen gilt“, sagt sie.
Elke Richel, Lauenburgische Landeszeitung, 23. Dezember 2023
Dieser Text stellt einen Ausschnitt dar. Die Absätze über das Herrschergeschlecht und das Dorf Juliusburg wurden nicht zitiert, da darin mehrere Fehler enthalten sind und sie nicht zum Thema gehören.